“Das Streben nach einer gesunden Gesellschaft erfordert weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Determinanten chronischer oder nicht übertragbarer Krankheiten (NCDs). Da wir wissen, dass viele von ihnen durch dieselben gemeinsamen Risikofaktoren verursacht werden, ist die Prävention nach wie vor ein äußerst effizienter Weg, um das Problem anzugehen. Da unsere Bevölkerung immer älter wird, müssen wir außerdem unsere Systeme auf Menschen vorbereiten, die mit NCDs und häufig mit Mehrfacherkrankungen leben werden, was einen anderen Blickwinkel der Pflege erfordert. Unter den NCDs geben Krebserkrankungen Anlass zu großer Besorgnis und erfordern spezifische Interventionen und Strategien, um die Gesamtbelastung durch Krankheiten zu verringern. Eine lange COVID scheint ebenfalls erheblich zur Belastung durch chronische Krankheiten beizutragen. Es gibt noch viel zu lernen über die Krankheit selbst und darüber, wie man sie am besten behandeln kann.“(EUPHW).
Inspiriert von diesem Themenschwerpunkt der EUPHW 2023 wurden die Forschungsthemen und Anwendungsbeispiele aus Österreich zusammengestellt. Sie werden bei der wissenschaftlichen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Public Health (ÖGPH), am 25. und 26. Mai präsentiert.
Die Österreichischen Forschungsarbeiten und Anwendungsbeispiele in dem Bereich adressieren unterschiedliche Zielgruppen von Kindern bis Senioren, unterschiedliche Handlungsfelder der Prävention, wie Bewegung, Ernährung und psychische Gesundheit. Übergreifende Ansätze zeigen die Bedeutung der Primärversorgung, wie das aktuelle Pilotprojekt Community Nursing und die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung, um gute Gesundheitsentscheidungen zu ermöglichen.
Zur Ausgangslage: Prävention beginnt bereits vor der Geburt. Etwa jede führte Frau und jeder zehnte Mann sind während der Schwangerschaft bzw. im ersten Lebensjahr des Kindes von psychischen Problemen betroffen. Ein Scoping-Review zu internationalen Modellen zur Prävention und Versorgung peripartaler psychischer Erkrankungen wurde durchgeführt (Reinsperger, Zechmeister-Koss) und dient als Grundlage für die partizipative Entwicklung einer Unterstützungsmaßnahme in Tirol. Aber auch im Bereich der Langzeitpflege gibt es Präventionspotentiale. Das Verständnis von Frailty ist ein erster wichtiger Schritt dazu. Die Share Daten (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe) liefern hierfür wertvolle Hinweise (Woldemariam). Bei bestehender Gebrechlichkeit können elektronische Assistenzsysteme können helfen, die Sicherheit des einzelnen zu verbessern. Die Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit hat in den letzten Jahren mehrere einschlägige Projekte, u.a. zur Vermeidung von Stürzen durchgeführt (Capatu et al.).
Andere Forschungsarbeiten adressieren keine Lebensphase, sondern wichtige Lebensstilfaktoren, wie Bewegung, Ernährung und psychische Gesundheit.
Mit den Österreichischen Bewegungsempfehlungen (2020) liegen Empfehlungen für sechs Zielgruppen vor. Für die Dissemination wurden Erklärvideos erstellt, deren Verständlichkeit mit Hilfe von Studierenden untersucht wurde (Zeuschner). Beweg-Gründe im Alter im Alter vor- und nach der Pandiemie ging eine weitere Arbeit nach (Richter, Gösenbauer).
Eine aktuelle Studie zur Ernährungskompetenz in Österreich unter 3000 Personen zeigt, dass das Beurteilen und Anwenden von Ernährungsinformationen sich am schwierigsten gestaltet. Dies bildet Grundlagen für Handlugnsoptionen (Schütze et al.).
Ein enormes Gesundheitsrisiko stellen auch Gewalterfahrungen dar. Dem Gewaltschutz im Gesundheitssystem kommt hier eine Schlüsselrolle zu, beispielsweise sind Opferschutzgruppen flächendeckend umzusetzen (Pichler et al.). Ein weiteres Thema im Bereich psychische Gesundheit ist Suizidprävention. Zur Vermeidung von Suiziden wurden unterschiedliche Narrative getestet (Till et al.). Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit neuer Konzepte für Narrative in der Suizidprävention, insbesondere solche, die auf Hilfesuchverhalten fokussieren. Das erzählen von persönlichen Geschichten können auch postive Wirkungen auf die Erzähler:innen haben. Unterstützung und Anleitung sind in allen Phasen des Geschichtenerzählens von entscheidender Bedeutung (Kirchner, Niederkrotenthaler).
Gute Gesundheitsinformationen sind zentral für gute Gesundheitsentscheidungen. Mehrere Projekte, wie #healthhacks und Projekt GGI immun arbeiten an der Erstellung Guter Gesundheitsinformationen (Teutsch, Flaschberger). Wichtig ist nicht nur die Verfügbarkeit, sondern auch die Weitergabe Guter Gesundheitsinformationen. Journalistinnen und Journalisten geben bisher Informationen nur verzerrt wider. Daher wurde an einem Fortbildungsformats zum Kompetenzerwerb für Journalist:innen gearbeitet (Seel et al.).
Eine Möglichkeit, Erkrankungen frühzeitig zu erkennen ist die Vorsorgeuntersuchung. Insgesamt ist die Evidenz der Wirksamkeit der Vorsorgeuntersuchung in Hinblick auf Morbidität und Mortalität begrenzt. Ein qualitaitve Evidenzsynthese zeigt eine Vielzahl an wahrgenommenen Faktoren, die Inanspruchnahme, Durchführung und Angebot von Vorsorgeuntersuchungen beeinflussen (Sommer et al.). Prävention kann auch leicht gemacht werden und in Form der Vorsorgeuntersuchung in Betrieben angeboten werden (Bhardwaj et al.).Ein niederschwelliger, bedarfsorientierter und bevölkerungsnah ausgerichteter Ansatz der Prävention und Gesundheitsförderung ist Community Nursing, ein Beitrag zur Neustrukturierung der Pflege- und Betreuungsleistungen (Sackl, Rappold).