European Public Health Week (EUPHW) vom 16. bis 20. Mai 2022 –
17. Mai: “Vaccination as key prevention strategy”
Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass es weltweit und in der Europäischen Region große Unterschiede bei der Impfgerechtigkeit gibt. Das Vertrauen in die Regierung, die Gesundheitskompetenz und das medizinische Personal beeinflussen die Inanspruchnahme von Impfungen im Laufe des Lebens. Aber auch die Erfahrung mit anderen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben große Herausforderungen für Public Health aufgezeigt. Dazu gibt es Forschungsergebnisse und Anwendungsprojekte aus Österreich, die bei der wissenschaftlichen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Public Health (ÖGPH), am 17. Mai präsentiert werden.
Trotz der eindeutigen Datenlage zu Wirksamkeit und Sicherheit der COVID-19-Impfungen, der intensiven Kommunikation, Bewerbung und social marketing der Impfung waren in Österreich gerade etwas weniger als 80% der impfbaren Bevölkerung bereit, sich zumindest einmal gegen COVID-19 impfen zu lassen. Die Impfdiskussion war begleitet von Kontroversen in Bezug auf Schutz der gesamten Bevölkerung vs. Schutz einzelner Individuen und hat somit Public Health (die sich der Gesundheit der gesamten Bevölkerung widmet) in ihrem Kern getroffen und in ihren Grundfesten erschüttert.
Die Pandemie hat gezeigt, dass häufig – leider auch im Bereich der Wissenschaft – falsche oder irreführende Argumente hervorgebracht werden, um erwünschte Thesen zu unterstützen und zu begründen (Uhl). Insbesondere auch in Bezug auf Impfungen. Um faktenbasierte Entscheidungen für die Gesundheit einer Bevölkerung treffen zu können braucht es die Daten aus der Gesundheitsversorgung. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig das ist. Viele Routinedaten sind jedoch in Datensilos gebunkert und der Analyse nicht zugängig. In einem Pilotprojekt der „Datenplattform COVID-19“, die im Juni 2020 eingerichtet wurde, konnten für Österreich neue Erfahrungen zur datenschutzkonformen Nutzung von Daten für faktenbasierte Entscheidungen gemacht werden (Maier und Habl). Ein anderes Projekt hat gezeigt, wie durch Modellanalysen unter Berücksichtigung mehrerer epidemiologischer Kennzahlen die Testrategien optimal an die aktuellen COVID-19 Situationen angepasst werden kann (Mathis-Edenhofer et al.).
Die COVID-19 Pandemie hatte Auswirkungen auf viele Dimensionen der Gesundheit in Österreich. Besonders sozial schwächere Gruppen litten zunehmend und zusätzlich an der Pandemie und den Folgen, so dass häufig nicht nur von einer Pandemie sondern von einer „Syndemie“ gesprochen wird (Haas und Weigl). Es kam zu verstärkten Belastungen von Familien und erschwerten Zugang zu „Frühen Hilfen“ (Witt-Dörring). Die Gesundheitsversorgung war eingeschränkt, insbesondere wurden Termine in Kliniken und im niedergelassenen Versorgungsbereich verschoben oder abgesagt (Dienstbier et al.). Ganz besonders haben Personen in Gesundheitsberufen, vor allem Pflegepersonen an der verstärkten Arbeitsbelastung gelitten (Pechmann und Schnabel).
Insgesamt hat die COVID-19 Pandemie zu einer Boosterung von Forschung in verschiedenen Bereichen geführt. Insbesondere hat die Syndemie gezeigt, wie verwoben alle Bereiche in Bezug auf Gesundheit sind und wie wichtig soziale Faktoren sind, wie wichtig Daten für faktenbasierte Beratungen und Entscheidungen sind, was es diesbezüglich noch aufzuholen gilt, und wie schwierig evidenzbasierte Kommunikation sein kann. Auch die Grenzen der Akzeptanz von Public Health, in der es um die Gesundheit der gesamten Bevölkerung und nicht der einzelnen Individuen geht, wurde am Beispiel Impfung in der Pandemie aufgezeigt.