Koordinator: Igor Grabovac
Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health, Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin
Mission Statement
Hintergrund – Warum „LGBTI Health & Research“?
Prinzipiell sind sexuelle Minoritäten (schwule, lesbische, bisexuelle Personen) und geschlechtliche Minoritäten (transidente und intersexuelle Personen), kurz (LGBTI1), mit den gleichen Gesundheitsproblemen konfrontiert wie die sonstige Allgemeinbevölkerung. Darüber hinaus gibt es jedoch Gesundheitsbedrohungen, die spezifisch für LGBTI-Personen sind und zumeist mit der gesellschaftlichen (Ent)Wertung von Homosexualität und Geschlechtsrollenabweichungen zu tun haben. Mithilfe des „life course approach“ (Lebenslaufforschung) lassen sich je nach Lebensphase unterschiedliche medizinische, psychische und soziale Gesundheitsbedrohungen, Schutz- und Resilienzfaktoren, Gesundheitsbedürfnisse etc. von LGBTI-Personen identifizieren. In diesem Zusammenhang sind neben den medizinischen Schwerpunktthemen (wie etwa HIV-Prävention, STDs etc.) vor allem jene Bereiche zu nennen, denen aus einer Public Health Perspektive eine besondere Bedeutung zukommt. Neben zentralen Gesundheitsdeterminanten (wie etwa sozioökonomischen und umweltbedingten Verhältnissen, Lebens- und Arbeitsbedingungen, Zugang zu sozialen und kommunalen Netzwerken etc.) zählen dazu auch minderheitenspezifische, sozialpsychologische und strukturelle Stressoren wie physische und psychische Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt (z.B. homophobes oder transphobes „Bullying“) bzw. die Angst davor, oder der Stress der mit der Geheimhaltung der Minderheitenzugehörigkeit verbunden ist. Diese Stressoren können vor allem bei Jugendlichen zu erheblichen Gesundheitsproblemen führen, bis hin zu einem erhöhten Suizidrisiko.
Neben der Erforschung gesundheitlicher Risikofaktoren bedarf es aber im Sinne der Gesundheitsförderung auch einer näheren Betrachtung und Erhebung von gesundheitsbezogenen und gesellschaftlichen Protektiv und Resilienzfaktoren. Zudem ergeben sich durch gegenwärtige Gesellschaftstrends (wie „Ageing Society“) auch für die LGBTI-Personen neue Herausforderungen, die mit Fragen nach individuellen Bedürfnissen und System-Erfordernissen (Gesundheits-, Sozialsystem etc.) eng verknüpft sind.
Vision und Ziele
Die ÖGPH-Kompetenzgruppe versteht sich als wissenschaftliche Plattform für LGBTIGesundheitsthemen, die mit ihren Forschungsarbeiten und Aktivitäten zu einer Verbesserung der Gesundheits- und Lebensbedingungen von schwulen, lesbischen, bisexuellen, transidenten und intersexuellen Personen beitragen möchte. International hat sich die Forschung im Bereich LGBTI Public Health bereits etabliert, in Österreich besteht noch Nachholbedarf. Daher liegen der Fokus und auch die Kompetenzen der Mitglieder explizit im Bereich Forschung und Wissenschaft. Damit unterscheidet sich die Kompetenzgruppe von anderen gesellschaftspolitisch bedeutsamen Gruppen (NGOs). Die Berücksichtigung von LGBTI-relevanten Themen in diversen Public Health Bereichen gilt als integraler Schwerpunkt der Kompetenzgruppe. Dadurch soll das Verständnis von LGBTI-Gesundheitsthemen auf Wissenschafts- und Forschungsebene und letztlich im Sinne von „Health in all Policies“ in allen Politikbereichen geschärft werden. In diesem Verständnis liegt auch der Auftrag begründet, öffentliche EntscheidungsträgerInnen auf gesundheitliche Ungleichheiten und zielguppenspezifische Gesundheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Public Health für LGBTI-Personen hinzuweisen und potentielle Gesundheitsrisiken aber auch Protektivfaktoren zu berücksichtigen.
Mit der ÖGPH-Kompetenzgruppe werden u.a. folgende Ziele verfolgt:
- Interdisziplinäre, empirische Beiträge zum Verständnis von LGBTI-Gesundheitsbedrohungen, Protektiv- und Resilienzfaktoren aus einer Public Health Sichtweise (Präsentationen und Publikationen);
- Bündelung von österreichischer LGBTI-Health Expertise und kontinuierlicher Austausch zur (internationalen) wissenschaftlichen Vernetzung mit LGBTI-Health-Research Forschungsgruppen;
- Wissenschaftlich basierte Politikberatung zu LGBTI-Health Themen;
- Aufbau von „LGBTI-Health Trainings“ (z.B. in Form von Summer-Schools; Fachtagungen für professionelle Gesundheits-, BildungsexpertInnen etc.).
Methoden
Bei der Er- bzw. Beforschung von LGBTI-Health Themen kommen je nach Themenstellung quantitative und/oder qualitative Forschungsmethoden zur Anwendung. Die ÖGPH-Kompetenzgruppe sieht sich den Gütekriterien sozial- und naturwissenschaftlicher Forschung verpflichtet (Objektivität, Reliabilität und Validität), wobei für die methodische Herangehensweise sowohl Primärdatenerhebungen als auch die Analysen von Sekundärarbeiten (z.B. systematische Reviews) in Betracht kommen. Zudem sollen je nach Fragestellung auch partizipative Arbeitsweisen Platz finden.
Bei der 20. Wissenschaftlichen Jahrestagung der ÖGPH am 11. und 12. Mai 2017 veranstaltete die Kompetenzgruppe für Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ein Symposium. Hier finden Sie die Powerpoint-Folien der Vorträge:
Dorner: „Sexualität als Public Health Thema?“
Grabovac: „Wissen und Einstellungen kroatischer MedizinstudentInnen zur Homosexualität“
Rumpfhuber: „Die Regenbogengruppe der MedUni Wien und des AKH Wien“
Bei der 21. Wissenschaftlichen Jahrestagung der ÖGPH am 23. und 24. Mai 2018 veranstaltete die Kompetenzgruppe für Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ein Symposium. Hier finden Sie die Powerpoint-Folien der Vorträge:
Gahbauer: „(Re)Präsentationen von Trans*– eine visuelle Ontologie“
Matt: „Intergeschlechtlichkeit aus rechtlicher Perspektive“
Pertl: „VIMÖ –Verein intergeschlechtlicher Menschen Österreich“
Seiler: „Adolescents’ perception of school-based sex education –an exploratory study“