Kompetenzgruppe Allianz zur Förderung der gesundheitlichen Primärversorgung in Österreich

Koordinatorin: Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Kathryn Hoffmann, MPH

Hintergrund

In der Ottawa Charta (1986), welche als Zielsetzung die Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik hat, wird neben den Themenbereichen (1) gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen, (2) persönliche Kompetenzen der Menschen und (3) gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen fördern auch (4) die Neuorientierung des Gesundheitssystems gefordert; weg von einem Krankheits-fokussierten, fragmentierten Ansatz hinzu einem gesundheitsförderlichen, integrativen System. Bereits 1978 wurde in der Deklaration von Alma-Ata gerade dieser gesundheitsförderliche, integrative Zugang (primary health care (PHC)) durch die Förderung eines starken Primärversorgungssektors (primary care, PC)) im Gesamtsystem beschrieben. Primärversorgung definiert als Versorgungskonzept, welches neben der Gesundheitsförderung, Prävention, kurativen Versorgung und Rehabilitation auch Sektoren miteinschließt die für weitere Determinanten der Gesundheit verantwortlich sind wie Ackerbau, Viehzucht, Ernährung, Industrie, Erziehung, Wohnungswesen, Bauwesen, Umwelt, Nachrichten und Infrastruktur (Deklaration von Alma-Ata, 1978, Kapitel VII).

Um das Versorgungskonzept PHC in seiner gesamten wirksamen Ausprägung umsetzen zu können, muss als erster Schritt die Primärversorgungsebene neu- bzw. umgestaltet werden, so dass ihre Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden können. Im Jahr 2013 beauftrage die Europäische Kommission ein ExpertInnen-Kommitte u.a. damit eine moderne und wirksame Primärversorgungsebene zu definieren. Die deutsche Übersetzung wurde von den Mitgliedern dieser Arbeitsgruppe als offizieller Auftrag der ExpertInnen-Kommission durchgeführt (inkl. Rückübersetzung): „Die ExpertInnen-Kommission erachtet Primärversorgung als die Versorgungsebene, welche allgemein zugängliche, integrierte, personenzentrierte und umfassende sowie familienorientierte und gemeindenahe Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung bereitstellt. Diese Dienstleistungen werden von einem Team von Fachkräften erbracht, welches dafür verantwortlich ist, dass der großen Mehrheit personenbezogener Gesundheitsbedürfnisse angemessen begegnet wird. Die Dienstleitungen werden in einer dauerhaften Partnerschaft mit den PatientInnen und LaienversorgerInnen/-pflegerInnen unter Miteinbeziehung der Gegebenheiten in der Familie und lokalen Gemeinschaft umgesetzt und spielen eine zentrale Rolle in der gesamten Koordination und Kontinuität der Gesundheitsversorgung der Menschen. Die Fachkräfte, welche in Primärversorgungsteams aktiv sind, sind (alphabetisch): Allgemein- und FamilienmedizinerInnen, ApothekerInnen, DiätologInnen, ErgotherapeutInnen, Hebam-men, OptikerInnen, dipl. Pflegefachkräfte mit spezieller Ausbildung in der Primärversorgung (practice nurses, community nurses), PhysiotherapeutInnen, PsychologInnen und Psychothe-rapeutInnen , SozialarbeiterInnen, ZahnärztInnen.“ (Expert Panel on Effective Ways of Investing in Health (2014: 18).

Eine diesbezügliche Strukturierung der Primärversorgungsebene als ersten Schritt eines umfassenden PHC-Versorgungskonzeptes wurde jedoch aus politischen und wirtschaftlichen Gründen in Österreich (wie auch in anderen Ländern) nie vollständig implementiert. Zumeist blieb der Begriff Primärversorgung fälschlicherweise auf den medizinischen Erstkontakt der Krankenversorgung beschränkt. In Österreich wird darüber hinaus die medizinische Primärversorgung fälschlicherweise immer noch in einen Topf mit der sekundären medizinischen Versorgung durch FachärztInnen im niedergelassenen Bereich geworfen und gemeinsam als ambulanter Sektor bezeichnet. Dadurch wird jedoch verhindert, die Vorteile wahrzunehmen und die Zuständig- und Verantwortlichkeiten für die Stärkung aufzuzeigen.

Es gilt, die Möglichkeiten und Vorteile einer starken Primärversorgung im Sinne des PHC- Ansatzes ausgehend von einem starken Primärversorgungssektor für das Österreichische Gesundheitssystem sichtbar zu machen und Schritt für Schritt diesen Sektor im Sinne der oben genannten europäischen Definition auf- und auszubauen.

Vision und Ziele

Vision der Arbeitsgruppe „Allianz zur Förderung der gesundheitlichen Primärversorgung in Österreich“ der ÖGPH ist es, Möglichkeiten und Vorteile einer starken Primärversorgung für Österreich darzustellen, wissenschaftlich zu beleuchten sowie auch immer die Ausbildungsmöglichkeiten und -qualität für die notwendigen Gesundheitsberufe mitzudenken. Durch die Bildung einer Plattform und Vernetzung von österreichischen Expertinnen und Experten auf dem Gebiet Primary Care und Primary Health Care sollen:

1. ein höheres öffentliches Bewusstsein für die Wichtigkeit geschaffen werden
2. die öffentliche Diskussion von Primärversorgungs-Themen auf hohem Niveau vorangetrieben werden
3. Lobbying zur Verbesserung der Verhältnisse betrieben werden
4. eine Expertinnen- und Expertenplattform zu schaffen, die die Möglichkeit bietet, Forschung und Lehre in diesem Bereich zu vernetzen
5. eine Brückenfunktion bilden zwischen dem Österreichischen Forum Primärversorgung im Gesundheitswesen und der Österreichischen  
    Gesellschaft für Public Health

Methoden

1. Erarbeitung schriftlicher Stellungnahmen zu aktuellen Themen unter Einbeziehung der in der ÖGPH vernetzten Fachöffentlichkeit
2. Kooperation mit anderen relevanten Gremien der ÖGPH
3. ev. gemeinsame Publikationen in Fachmedien
4. Reflexion und Selbstevaluierung der initiierten und laufenden Prozesse

Organisation der Arbeitsgruppe

1. SprecherIn der Arbeitsgruppe
    Die/der SprecherIn der Arbeitsgruppe sowie deren/dessen StellvertreterIn sollen nach Konstitution der Arbeitsgruppe gewählt werden.
    Aufgaben:

  • Schnittstelle zu Vorstand der ÖGPH, AnsprechpartnerIn für JournalistInnen und Interessierte
  • Koordination von Arbeitsgruppentreffen und Protokollführung, evtl. unterstützt durch eine/n SchriftführerIn

2. Prozess zur Erarbeitung von öffentlichen Stellungnahmen

Die Initiative geht in Form eines Themenvorschlages oder Textes von einzelnen Mitgliedern aus. Andere Mitglieder der Arbeitsgruppe arbeiten an der (Fertig)Stellung eines Textes mit/ nicht mit (Bildung einer Subgruppe)

  • Die Organisation der Texterstellung, Bearbeitungszeit und Dissemination wird vom/von der InitiatorIn festgelegt (1-2 Wo)
  • Der Vorschlag der Subgruppe kursiert mit einer Einspruchsfrist von 3 Tagen unter den Mitgliedern der Arbeitsgruppe
  • Der Text wird angenommen, sobald 2/3 der abgegebenen Stimmen den Vorschlag akzeptieren und kein Einspruch seitens des Präsidenten/der Präsidentin der ÖGPH vorliegt

Zeitrahmen

  • die Arbeitsgruppe trifft sich einmal jährlich, sonst Kommunikation über Email, Skype etc.
  • mündliche Zwischenberichterstattung im Geschäftsausschuss der ÖGPH
  • schriftliche Berichterstattung einmal jährlich

Beziehung zur ÖGPH

Die Beziehung zwischen themenspezifischen Arbeitsgruppen und einzelnen Organen der ÖGPH sind über das geltende Statut geregelt: Der Vorstand der ÖGPH wird über die Themen, Inhalte und Aktivitäten der Arbeitsgruppe informiert.
Benefits für die ÖGPH:

1. Vergrößerung des Bekanntheitsgrads der ÖGPH
2. Netzwerktätigkeit
3. relevante Stellungnahmen zu spezifischen Themen
4. Reflexions- und Selbstevaluationsbericht
5. Berichterstattung im Newsletter der ÖGPH über die aktuelle Arbeit der Gruppe